Bonn, 6.9.01 (KAP) Der Internationale Rat der Christen und Juden (ICCJ) hat sich wegen der Krise um die Historikerkommission zur Erforschung der Rolle Papst Pius XII. während der Nazi-Zeit an Kurienkardinal Walter Kasper gewandt. Die Kontroverse dürfe nicht die Erneuerung der katholisch-jüdischen Beziehungen beeinträchtigen, heißt es in einem am Donnerstag veröffentlichten Schreiben an den Kardinal. Kasper ist Präsident der Päpstlichen Kommission für die Religiösen Beziehungen mit dem Judentum.
Kritik übte der ICCJ an den Äußerungen des deutschen Jesuitenpaters und Historikers Peter Gumpel. Er hatte jüdischen Kommissionsmitgliedern vorgeworfen, durch gezielte Indiskretionen und polemische Äußerungen eine seriöse wissenschaftliche Arbeit unmöglich gemacht zu haben. Der Rat sei beunruhigt über die Sprache der Anschuldigungen, die einem "gewissen Unterton des klassischen Antisemitismus" nahe komme, hieß es. Diese Form spiegle keineswegs die Sprache der katholischen Kirche nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil wieder.
Der ICCJ befürchtet nach eigenem Bekunden auch, dass der Ton von Gumpels Äußerungen die Glaubwürdigkeit des Vatikans untergraben und die Arbeit der Kommission erschweren könnte.
Die gemischte Historikergruppe war vor zwei Jahren damit beauftragt worden, das Material über Pius XII. und seine Rolle im Zweiten Weltkrieg zu sichten. Im Juli hatten die jüdischen Historiker ihre Mitarbeit eingestellt, weil der Vatikan durch die Geheimhaltung eines Teils des Archivmaterials ihrer Ansicht nach die Forschungen behindere.
Kathpress
6. september 2001