Italienischer Slawist Strada verweist auf schwierige kirchliche und politische Situation in der Ukraine
Kiew-Venedig, 20.3.01 (KAP) Die Reise Johannes Pauls II. in die Ukraine im Juni könnte die "schwierigste Pastoralvisite des Papstes" werden, sagte Prof. Vittorio Strada, Ordinarius an der Universität Venedig und wichtigster zeitgenössischer italienischer Slawist und Kenner der russischen Literatur, in einem Interview mit der katholischen Tageszeitung "Avvenire". Derzeit sei noch schwer abzusehen, wie sich die politische Situation in der Ukraine entwickeln wird. Auch im kirchlichen Bereich mit der in drei rivalisierende Strömungen gespaltenen ukrainischen Orthodoxie gebe es viele Unbekannte. Sehr viel werde von der "ökumenischen Inspiration" und dem "diplomatischen Takt" Papst Johannes Pauls II. abhängen.
Strada erinnerte daran, dass es im Patriarchat von Moskau Befürchtungen gebe, Rom könne das schismatische sogenannte "Kiewer Patriarchat" und den selbst ernannten Patriarchen Filaret als ökumenischen Gesprächspartner legitimieren. Filaret habe bereits im Jänner und neuerlich vor wenigen Tagen - im Gegensatz zu Metropolit Wolodymir, dem Oberhaupt der mit Moskau verbundenen autonomen "Ukrainischen Orthodoxen Kirche" - seine Dialogbereitschaft bekundet und auch den Vorwurf des "Proselytismus" (der Abwerbung von Gläubigen) in Frage gestellt. "Während der Papstreise wird Filaret auf jede Weise versuchen, vor dem Papst glaubwürdig zu erscheinen. Aber für Moskau ist das inakzeptabel", betonte Strada gegenüber "Avvenire".
Der italienische Wissenschaftler zitierte einen prominenten orthodoxen Kirchenmann aus Moskau, der ihm vor wenigen Tagen gesagt habe, "auf die Idee, dem Papst zu empfehlen, gute Beziehungen mit Moskau durch eine Reise in die Ukraine zu suchen, hätte nicht einmal der schlimmste Feind des Dialogs zwischen den beiden Kirchen kommen können".
Trotzdem äußerte Strada die Hoffnung, dass Patriarch Aleksij II. - "ein kultivierter und sensibler Mensch" - auch nach dem Ukraine-Besuch des Papstes weiterhin Wege des Dialogs mit der katholischen Kirche suchen wird. Freilich müsse er auf die starken antiökumenischen Kräfte in seiner Kirche Rücksicht nehmen.
Kathpress
20. mars 2001