Rom, 5.12.03 (KAP) Eine neue Facette der Haltung Papst Pius XII. zur Shoah hat die italienische Jesuitenzeitschrift «La Civilta' Cattolica» aufgedeckt. Der Papst habe von der SS-Razzia im jüdischen Wohnviertel Roms erst am Morgen des 16. Oktober 1943 gehört, als die Aktion fast abgeschlossen und die Betroffenen bereits im Polizei-Arrest waren. Wie die «Civilta' Cattolica» unter Berufung auf neue Dokumente schreibt, habe der Papst sofort beim deutschen Botschafter Ernst von Weizsäcker interveniert und mit einem öffentlichen Protest gedroht. So rasch, wie die Initiative begann, habe sie auch aufgehört, und das Leben von 8.000 römischen Juden sei «wunderbarerweise» gerettet worden. Im Fall der zuvor bei der Aktion gefangenen jüdischen Menschen sei nichts mehr zu machen gewesen, schreibt Jesuitenpater Giovanni Sale.
Pius XII. habe noch am gleichen Tag seinen Neffen Carlo Pacelli dringend zu dem mit einigen NS-Größen befreundeten Bischof Aloys Hudal, dem Rektor von Santa Maria dell'Anima, geschickt. Hudal sollte sich für die Verhafteten einsetzen und verhindern, dass sich eine solche Aktion wiederhole. General Stahel habe die Nachricht Hudals den zuständigen deutschen Stellen und Heinrich Himmler persönlich übermittelt, der den Befehl gegeben habe, die Verhaftungen zu stoppen.
Um den Juden zu helfen, hatte Pius XII. allen römischen Priestern und Ordensleuten ausdrücklich erlaubt, ihre Häuser für «bedürftige Mitmenschen» zu öffnen. Mehr als 4.000 Juden hätten in kirchlichen Häusern Zuflucht gefunden, schreibt die «Civilta' Cattolica». In den Tagen nach dem 16. Oktober 1943 habe es ganz besonders starken Andrang gegeben. Aber nicht nur Juden seien in kirchlichen Gebäuden vor den Deutschen versteckt worden. Bereits in den Jahren zuvor hätten politisch Verfolgte in exterritorialen vatikanischen Gebäuden Zuflucht gefunden. Darunter waren der Sozialist Pietro Nenni, der sich im Lateran aufhielt, oder der spätere Christdemokrat Alcide De Gasperi, der etliche Jahre als Bibliothekar in der Vatikan-Bibliothek arbeitete.
Kathpress
5. desember 2003