Vatikanstadt, 17.9.01 (KAP) Die Sicherheitsmaßnahmen gegen terroristische Anschläge bei der am Samstag beginnenden Papstreise nach Kasachstan und Armenien werden offenbar deutlich verschärft. Der italienische Kurienkardinal Roberto Tucci SJ, der als "Reisemarschall" des Papstes fast alle Reisen Johannes Pauls II. organisiert hat, sagte gegenüber Radio Vatikan, er rechne damit, dass die Sicherheitsvorkehrungen um ein Vielfaches erhöht würden.
Zugleich unterstrich er, dass die Entscheidung des Papstes an der Reise festzuhalten, richtig sei. Er erinnerte daran, dass die Muslime in Kasachstan sehr tolerant seien. Wichtig sei der Papstbesuch dort auch für die kleine katholische Minderheit, die in den vergangenen Jahrzehnten viel durchlitten habe. Auch für die Ökumene sei die Reise bedeutsam, unterstrich Tucci.
Papst hält an Kasachstan-Reise fest
Ungeachtet der Kriegsgefahr im Mittleren Osten hält der Papst an seiner für Samstag geplanten Reise nach Kasachstan fest. In einer Rede an den neuen kasachischen Botschafter beim Heiligen Stuhl, Nurlan Danenow, sagte Johannes Paul II. in seiner Sommerresidenz in Castel Gandolfo, er freue sich auf seinen in wenigen Tagen bevorstehenden Besuch in dem zentralasiatischen Land.
Auf die Kriegsgefahr in der Region ging der Papst in seiner vom vatikanischen Pressesaal veröffentlichten Rede nicht unmittelbar ein. Er hoffe, dass Kasachstan zehn Jahre nach seiner staatlichen Unabhängigkeit "seinen friedlichen Weg" im Dialog der verschiedenen Kulturen fortsetzen und mit seinen Nachbarstaaten zusammenarbeiten könne, erklärte Johannes Paul II.
Kasachstan, dessen Hauptstadt Astana der Papst vom 22. bis 25. September besuchen will, grenzt zwar nicht unmittelbar an Afghanistan. Das zentralasiatische Land gehört aber ebenso wie Tadschikistan, Usbekistan, Turkmenistan und Kirgisien zum Umfeld der Krisenregion. In die Planungen der USA für einen militärischen Schlag gegen die Stützpunkte Osama Bin Ladens ist auch Kasachstan einbezogen.
In dem Land leben rund 100 verschiedene Volksgruppen, je rund die Hälfte der Bevölkerung ist muslimisch und christlich. Die katholische Minderheit stammt von deportierten Deutschen, Polen und Ukrainern ab, ihre Zahl wird auf wenige Hunderttausend geschätzt. Das Land unterhält seit 1992 diplomatische Beziehungen zum Heiligen Stuhl.
In seiner Ansprache an den Botschafter betonte der Papst das Grundrecht auf Religionsfreiheit. Die große Vielfalt von Völkern und Kulturen in Kasachstan sei eine Herausforderung und Chance, betonte Johannes Paul II. Alle Religionsgemeinschaften seien aufgerufen, in Freiheit zum Gemeinwohl beizutragen. Die katholische Minderheit im Land rief der Papst in der Rede auf, den Dialog mit ihren Brüdern und Schwestern zu suchen und sich am Leben der Nation aktiv zu beteiligen.
Absage "in letzter Minute" möglich
Papst Johannes Paul II. besteht zwar trotz Sicherheitsbedenken auf der Reise nach Kasachstan, dennoch könnte es sein, dass "die Reise in letzter Minute abgesagt werden muss". Das betonte der Leiter der deutschsprachigen Sektion von "Radio Vatikan", der Jesuit P. Eberhard von Gemmingen, am Dienstag im ORF-"Mittagsjournal".
Die Absage der am Samstag, 8.30 Uhr (Abflug in Rom), beginnenden Reise müsste erfolgen, wenn der von den USA zur Option erklärte Militärschlag gegen Afghanistan bereits am Wochenende erfolge. Er glaube jedoch nicht - so Gemmingen -, dass der Schlag schon in so kurzer Zeit erfolgen werde, weil dafür die Vorbereitungszeit zu kurz wäre. "Und ich hoffe und ich bete zu Gott, dass er überhaupt nicht erfolgt", sagte der Jesuit.
Kasachstan, China, Russland, Kirgisien, Tadschikistan und Usbekistan hatten sich vor kurzem im Kampf gegen muslimischen Fundamentalismus und Separatismus auf ihren Territorien zu einer sich gemeinsam koordinierenden Staatengruppe zusammengeschlossen. Laut italienischen Zeitungsberichten wurden aus Angst vor Anschlägen die Leibwachen für den Papst und hohe Kurienkardinäle aufgestockt. Der italienische Geheimdienst fürchte, dass internationale Terrorgruppen auch die Kuppel des Petersdoms in Rom ins Visier nehmen könnten.
Kathpress
17. september 2001