Erklärung Kardinal Kaspers zum Scheitern der jüdisch-katholischen Historikerkommission - "Die Kirche fürchtet sich nicht vor der historischen Wahrheit"
Vatikanstadt, 24.8.01 (KAP) Der Vatikan sucht nach Scheitern der jüdisch-christlichen Historikerkommission nach neuen Wegen, die wissenschaftliche Aufarbeitung der Epoche des Zweiten Weltkriegs fortzusetzen. "Die katholische Kirche fürchtet sich nicht vor der historischen Wahrheit", betonte Kardinal Walter Kasper, der Präsident der vatikanischen Kommission für die religiösen Beziehungen zum Judentum, am Freitag in einer Erklärung.
Kasper beklagte, dass die aus je drei jüdischen und katholischen Historikern bestehende Arbeitsgruppe im vergangenen Juli ihre Arbeit auf Grund von Meinungsverschiedenheiten eingestellt habe. Der Vatikan wolle jedoch den vom Konzil forcierten Weg der Verständigung zwischen Juden und Christen fortsetzen. Dazu gehöre auch die Erforschung und Aufarbeitung der Geschichte. Der Vatikan werde auch das Material der noch geschlossenen Archive für die Zeit nach 1922 öffnen, sobald deren Ordnung und Katalogisierung abgeschlossen sei.
Im Zuge der positiven Entwicklung in den Beziehungen zwischen katholischer Kirche und Judentum nach der Konzilserklärung "Nostra aetate" von 1965 habe seine Kommission mit dem Internationalen Jüdischen Komitee für die interreligiösen Konsultationen im Oktober 1999 eine Expertengruppe gebildet. Die aus drei Juden und drei Katholiken bestehende Kommission sollte die bereits in den elf Bänden "Akten und Dokumente des Heiligen Stuhls aus dem Zweiten Weltkrieg" erschienenen Materialien untersuchen und offene Fragen vertiefen. Von Arbeit der Kommission habe man sich eine Förderung der Forschungsdebatte erhofft. Zu keinem Zeitpunkt sei ein Zugang zum Archiv der Jahre nach 1922 in Aussicht gestellt worden, hob Kasper hervor.
Die Gruppe habe im Oktober 2000 einen Vorläufigen Bericht mit 47 Fragen erstellt, im Mai dieses Jahres seien die gemeinsamen Arbeiten fortgesetzt worden. Jedoch erwiesen sich unterschiedliche Interpretationen über die Aufgabe und den Zweck der Arbeitsgruppe als unüberwindbar. Zudem hätten Indiskretionen und schriftliche polemische Äußerungen von jüdischer Seiten ein Gefühl des Misstrauens gefördert. "Das alles machte praktisch eine Fortsetzung der gemeinsamen Forschungsarbeit unmöglich", so Kasper. Eine solche wissenschaftliche Arbeit sei nur auf der Grundlage von gegenseitigem Respekt und Vertrauen der Beteiligten möglich, fügte er hinzu.
Kathpress
24. august 2001