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Publisert 27. juli 2001 | Oppdatert 6. januar 2011

Vatikanstadt, 27.7.01 (KAP) Der Vatikan will alle Dokumente aus dem Pontifikat Pius XII. (1939-1958) veröffentlichen. Wörtlich sagte der Jesuit und Pius-XII.-Experte P. Peter Gumpel in einem Radio Vatikan-Interview: "Wir werden alles veröffentlichen, alles wird zugänglich sein". Gumpel bezeichnete Meldungen, wonach der Vatikan Akten aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs zurückhalte, um etwas zu verbergen, als "Unterstellungen". Allerdings müssten zuvor rund drei Millionen Schriftstücke im Vatikan geordnet und katalogisiert werden, so Gumpel weiter. Erst dann könnten sie zu gegebener Zeit zugänglich gemacht werden.

Der Jesuit berichtete, dass die jüdisch-christliche Historikerkommission bereits im Oktober des vergangenen Jahres vom vatikanischen Chef-Archivar, Kardinal Jorge Mejia, davon in Kenntnis gesetzt worden sei. Ohne Namen zu nennen, warf Gumpel einigen jüdischen Mitgliedern und Mitarbeitern der inzwischen gescheiterten Kommission vor, sie hätten durch Indiskretionen das Arbeitsklima in der Gruppe in bedauerlicher Weise vergiftet und sich in unverantwortlicher Weise verhalten. Auch habe die Kommission bis heute nicht den von ihr angeforderten Abschlussbericht über die Analyse der bereits vom Vatikan veröffentlichten 5.000 internen Dokumente aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs vorgelegt.

P. Gumpel beklagte ferner, dass die Kommission bei einer Anhörung im vergangenen Oktober sein Angebot zur Auskunft über 47 Einzelfragen nur in 12 Fragen angenommen habe. Anschließend sei behauptet worden, die Kommission habe auf ihre Fragen keine Antworten erhalten. Der Jesuit ist Berichterstatter im laufenden Seligsprechungsverfahren für Pius XII. und gilt als einer der besten Kenner der nicht veröffentlichten Dokumente im Vatikan.

Widersprüche von Anfang an =

Das katholische Kommissionsmitglied Gerald P. Fogarty SJ erklärte der US-amerikanischen katholischen Nachrichtenagentur CNS, eine Zusammenarbeit sei unmöglich gewesen, weil die Vorstellungen über den Arbeitsauftrag nicht übereinstimmten. "Es gab von Anfang an zwei unterschiedliche Erwartungshaltungen und zwei unterschiedliche Tagesordnungen, und die prallten am Ende aufeinander", so die Erklärung des amerikanischen Jesuiten.

Die Kommission war 1999 vom Vatikan und dem Internationalen Jüdischen Komitee für interreligiöse Beratungen (IJCIC) ins Leben gerufen worden. Ihr gehörten drei jüdische sowie zunächst drei, später zwei katholische Historiker an.

Fogarty beklagte, dass "einige Mitglieder" die Kommission von vorneherein als ein Mittel angesehen hätten, um auf eine weitere Öffnung der Archive zu drängen. Er habe den Eindruck, dass die Gruppe ihre ursprüngliche Aufgabe, nämlich die Sichtung des bereits vom Vatikan veröffentlichten Archivmaterials, nicht erfüllt habe. "Wir konnten nicht weiter zusammenarbeiten, da einige mehr Zugang zu den Akten wollten, während andere sagten, wir müssen erst noch mehr Arbeit erledigen", beschrieb Fogarty die Lage in der Kommission.

Der Jesuit betonte, er habe schließlich die gemeinsame Erklärung der Wissenschaftler zur Einstellung ihrer Arbeit unterschrieben, weil diese das "historische Faktum zum Ausdruck brachte, dass diese Gruppe nicht weiterarbeiten konnte". Er habe jedoch mit seiner Unterschrift nicht gegen den Vatikan protestieren wollen.

Lücken in den veröffentlichten Akten

Der Präsident des IJCIC, Seymour Reich, hatte das Scheitern der Kommission damit erklärt, dass der Vatikan sich geweigert habe, seine Archive restlos zu öffnen. Der Basler Historiker Ernst Ludwig Ehrlich, Mitglied des IJCIC, mutmaßte, die Weigerung des Vatikans zur Akteneinsicht könnte etwas mit der angestrebten Seligsprechung Pius XII. zu tun haben. Er vermute "Vorkommnisse, deren Veröffentlichung die Seligsprechung Pius XII. behindern würde", meinte der Historiker gegenüber der Reformierten Nachrichtenagentur in Zürich.

In den bereits veröffentlichten Dokumenten seien Lücken festzustellen so Ehrlich. So habe der ehemalige stellvertretende Ehrenpräsident des Jüdischen Weltkongresses, der aus Deutschland in die Schweiz emigrierte Völkerrechtler Gerhard Riegner, dem damaligen Nuntius in Bern bereits sehr früh von Vergasungen in Konzentrationslagern berichtet. Dieses wichtige Dokument sei in den vorgelegten Bänden nicht zu finden, sagte Ehrlich.

Verständnis für Datenschutz-Interessen

"Der Vatikan hatte uns nie die ungehinderte Akteneinsicht versprochen", erklärt Ehrlich weiter. Er habe sogar ein gewisses Verständnis dafür. "Die Akten sind nach Daten abgelegt. Das heißt dass neben für die Kommission relevanten Fakten im Bezug auf die Shoah unter diesem Datum auch für sie irrelevante persönliche Interna von Kirchenverantwortlichen stehen." Dass der Vatikan hier Datenschutzinteressen geltend mache, könne er verstehen.

Es seien aber 47 präzise Fragen erarbeitet worden. Dazu hätte es eine einfache Lösung gegeben, meinte der jüdische Historiker. Um Antworten auf die offenen Fragen zu finden, hätte eine Gruppe von drei, vier Vertrauensleuten des Vatikans die Beantwortung der Fragen aus dem Studium der Akten heraussuchen können. Ein solcher Kompromiss wäre ohne weiteres möglich gewesen.

Verantwortliche des Vatikans hatten beklagt, dass es ihnen für eine vollständige Katalogisierung der Akten an Leuten fehle. Zum Ordnen der Akten stünden nur zwei Personen zur Verfügung. Laut Einschätzung Ehrlichs wurde dies Arbeit für drei bis vier Historiker für rund ein halbes Jahr sein. Er halte daher die Erklärung des Vatikans für wenig stichhaltig.

Das IJCIC wurde 1970 als Gesprächspartner der nach dem Konzil vom Vatikan geschaffenen Kommission für die religiösen Beziehungen zum Judentum geschaffen. Der vatikanischen Kommission steht derzeit Kardinal Walter Kasper, Präfekt des Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen, vor. Die beiden Organisationen tagen alle zwei Jahre gemeinsam, letztmals taten sie dies vor zwei Monaten in New York - in einer laut Ehrlich durchaus freundschaftlichen und entspannten Atmosphäre. Die 1997 erfolgte Anerkennung des Staates Israel durch den Heiligen Stuhl habe "viel Unmut auf jüdischer Seite herausgenommen". Im IJCIC vertreten sind die drei Dachorganisationen der religiösen Richtungen des Weltjudentums (Orthodoxe, Konservative, Reformbewegung), das American Jewish Committee, B'nai B'rith, der Jüdische Weltkongress und der Staat Israel. (Ende)

27.07.2001 13:48

K200104619

KI/KAP (KathPress/Katolsk Informasjonstjeneste)
27. juli 2001