Erzbischof Tauran in Moskau
Moskau, 26.5.01 (KAP) Der vatikanische "Außenminister", Erzbischof Jean-Louis Tauran, hat gelassen auf die Kritik orthodoxer Kreise an der geplanten Ukrainereise des Papstes reagiert. Nicht die gesamte Orthodoxie sei dagegen, sagte Tauran bei einer Pressekonferenz in Moskau. Die Kritiker "verstehen wohl nicht das Ziel des Besuches", fügte Tauran hinzu. Johannes Paul II. wolle als Pilger in die Ukraine fahren, "als Vater der katholischen Gemeinschaft". Es ginge dem Papst nicht "um die Regelung politischer Fragen oder um die Lösung von Problemen mit der Orthodoxie", unterstrich der Erzbischof.
Tauran nimmt im Auftrag von Johannes Paul II. als "Sondergesandter" an den bis Sonntag in Moskau stattfindenden Gedenkfeiern zur Wiedererrichtung der römisch-katholischen Kirche in Russland im Jahr 1991 teil.
"Johannes Paul II. will die Katholiken im Glauben bestärken und diejenigen orthodoxen Gläubigen treffen, die eine solche Begegnung wünschen", sagte Tauran. Er wies auf die jüngste Papstreise nach Griechenland, Syrien und Malta hin und meinte, der Reiseverlauf in Athen könne für die Ukraine Modellcharakter haben.
Es ist das erste Mal, dass Johannes Paul II. in ein Land mit orthodoxer Bevölkerungsmehrheit gegen den Willen der zuständigen orthodoxen Hierarchie reist. In der Ukraine gibt es Streitigkeiten zwischen verschiedenen Flügeln der orthodoxen Kirche sowie Meinungsverschiedenheiten über die Aktivität der katholischen Kirche, vor allem der des byzantinischen Ritus, der die Abwerbung von Gläubigen anderer Gemeinschaften vorgeworfen wird. Auch der Moskauer Patriarch Aleksij II. hatte mehrere Male betont, dass die Papstreise wegen anhaltender Konflikte zwischen den Konfessionen nicht angebracht sei.
Die Mehrheit der orthodoxen Christen in der Ukraine untersteht kirchenrechtlich dem Moskauer Patriarchat. Die beiden abgespaltenen orthodoxen Gemeinschaften sind von der Weltorthodoxie nicht anerkannt. Von den rund 51 Millionen Ukrainern sind rund zehn Prozent Katholiken des lateinischen und des byzantinischen Ritus.
Am vergangenen Donnerstag hatten in Kiew rund 250 orthodoxe Gläubige, unter ihnen einige Priester, gegen die für 23. bis 27. Juni geplante Papstvisite demonstriert. Vor dem Parlament in der ukrainischen Hauptstadt entrollten die Demonstranten Plakate, auf denen der Papst als "persona non grata" bezeichnet wurde. Auch wurde an die eigenen Gläubigen appelliert, die Orthodoxie in der Ukraine wieder zur Einheit zu führen; die Ukraine, Weißrussland und Russland wurden als "dreieinige Rus" bezeichnet.
Der lateinische Erzbischof von Lemberg (Lwow), Marian Jaworski, hatte am Freitag in Rom berichtet, die Stimmung in der ukrainischen Bevölkerung hinsichtlich des Papstbesuches habe sich in den vergangenen Wochen deutlich zum Positiven gewendet.
Kathpress
26. mai 2001