Moskauer römisch-katholischer Erzbischof bedauert "unzulässige Gewalt" von Seiten "unierter" ukrainischer Katholiken Anfang der neunziger Jahre
Moskau-Rom, 23.3.01 (KAP) Im Konflikt zwischen dem Moskauer Patriarchat und Rom um die katholische Kirche des byzantinischen Ritus in der Ukraine gibt es laut der italienischen katholischen Tageszeitung "Avvenire" Signale für eine Entspannung. Wie der Russland-Korrespondent des Blattes am Freitag berichtete, hat der in Moskau residierende römisch-katholische Erzbischof Tadeusz Kondrusiewicz öffentlich eingeräumt, dass es Anfang der neunziger Jahre in ukrainischen Diözesen unzulässige Gewalt von Seiten griechisch-katholischer Christen gegeben habe.
Damals war es in der Auseinandersetzung um Kirchengebäude, die unter Stalin dem Moskauer Patriarchat übereignet worden waren, zu Handgreiflichkeiten zwischen romtreuen und moskautreuen Gläubigen gekommen. Kondrusiewicz kommentierte diese Vorfälle nun mit den Worten, der Weg der Gewalt habe niemals die Zustimmung der Kirche gefunden. Papst Johannes Paul II. will Ende Juni in die Ukraine reisen. Die russische Orthodoxie war wegen der Differenzen mit Rom bisher gegen diesen Besuch.
Erzbischof Kondrusiewicz verwahrte sich laut "Avvenire" erneut gegen den Vorwurf, Rom werbe auf dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion der orthodoxen Kirche die Gläubigen ab. Allerdings könne die katholische Kirche keinem die Aufnahme verweigern, der dies wünscht, nur weil er bisher einer anderen Konfession angehörte oder bestimmter Nationalität ist. Letztlich sei dies eine Frage der freien Entscheidung des Individuums.
In einem Interview des Moskauer Radiosenders "Echo" begrüßte der Leiter des Außenamtes des Moskauer Patriarchats, Metropolit Kyrill, die Äußerungen des katholischen Erzbischofs über die Vorgänge in der Ukraine. Er betonte, der dortige konfessionelle Konflikt sei eine "Herausforderung für die europäische Zivilisation" und beinhalte eine "massive Verletzung der Menschenrechte".
Auf die Frage nach einem möglichen Papstbesuch in Russland sagte Kyrill, dieser müsse "äußerst sorgfältig" vorbereitet werden, damit es sich wirklich um ein historisches Ereignis und nicht nur um eine protokollarische Veranstaltung handle.
Befremden über Parlament
Das russische Parlament hatte Anfang März in einer höchst ungewöhnlichen Resolution das Außenministerium aufgerufen, Maßnahmen gegen die "unduldbare katholische Expansion" in Russland und in anderen mehrheitlich orthodoxen Ländern zu ergreifen. Außerdem wurde von Regierungschef Michail Kasjanow eine Rechtfertigung für seinen Besuch bei Papst Johannes Paul II. am 26. Februar im Vatikan verlangt.
Die Initiative zu der Resolution war vom umstrittenen nationalistischen Abgeordneten und Vize-Präsidenten der Staats-Duma, Wladimir Schirinowskij ausgegangen. In russischen Kirchenkreisen wurde in dem Zusammenhang der Tatsache Bedeutung beigemessen, dass Schirinowskij Mitte Februar eine Unterredung mit Metropolit Kyrill geführt und in den Wochen danach mehrfach öffentlich größere Unterstützung der Regierung für die russische Orthodoxie verlangt hatte. Der katholischen Kirche warf er vor, in Russland und der Ukraine spaltend und destabilisierend zu wirken.
Die katholische russische Bischofskonferenz hatte auf die Resolution der Duma mit Befremden reagiert. Man sei besorgt, dass die katholische Minderheit des Landes als "verdächtiges Element" hingestellt werde. Besonders irritiert sei man über die Tatsache, dass gerade das Parlament die Erklärung abgegeben habe. Als repräsentatives Organ aller russischen Bürger wäre die Duma verpflichtet, die Anliegen der ganzen Gesellschaft, auch der religiösen Minderheiten, zu vertreten, so die Bischofskonferenz.
Kathpress
23. mars 2001