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Publisert 6. januar 2011 | Oppdatert 6. januar 2011

Das 15. katholische Weltjugendtreffen in Rom sprach auch Menschen "am Rande" an

Von unserem nach Rom entsandten Redaktionsmitglied Franz Morawitz

Rom, 21.8.00 (KAP) Rammelvoll ist der Vorortezug nach Roma-Tiburtina. Endlich, nach 40 Minuten Wartezeit (davon 30 Minuten Verspätung) fährt er ein. Stickig und glühend heiß ist die Luft im Waggon, dazu Schweiß- und Fußgeruch. Sitzend und im Gang stehend Pilger, die zum Weltjugendtag gekommen sind, erkennbar an den blauen Bändern und Pilgerpässen. Nicht zu ihnen gehört ein trommelndes Trio aus Nordafrika. Auch nicht die Männer aus Bangla Desh in billigen Hemden und Hawaii-Schlapfen. Ihre zentnerschweren, plastikumwickelten Kisten voll mit billigem Tand - Sonnenbrillen, Räucherstäbchen, Armbändern, Kitschbildern - verstellen den Durchgang.

Drei Gitarren spielen im Waggon. Improvisiert wird eine Melodie, die sich aus den vergangenen Tagen im Ohr festgesetzt hat. Der Text: "Über tausend Straßen sind wir mit den Schritten des Glaubens nach Rom gekommen. Wir hören das Echo des Worts, das von diesen Mauern und von diesem Himmel durch die ganze Welt hallt: Er lebt heute, er ist der Wahre Mensch, Christus unter uns. Wir sind hier unter demselben Licht, unter seinem Kreuz, wir singen mit einer Stimme: Er ist der Emmanuel". Sechs Tage lang war sie in allen Straßen, Plätzen, Bussen, Straßenbahnen und Zügen dauernd zu hören, die "Emmanuel-Hymne", das Lied zum Weltjugendtreffen, das zwei Millionen junger Menschen nach Rom gezogen hat, die "Wächter der Morgenröte des neuen Jahrtausends", wie Papst Johannes Paul II. sie biblisch-poetisch genannt hat.

Die drei im Zug spielen dazu eine meisterhafte Improvisation. Ein Dialog in Schulenglisch beginnt: "Can you play more songs?" - "Yes, some from the church" - "I don't like the church so much. But play..."

Der, den sie hier zum Spielen auffordern, damit sie zu seinen Melodien improvisieren können, trägt den Pilgerpass. Die beiden anderen haben keinen. Offenbar sind sie in Rom zuhause. Vielleicht in einem der Nordafrikaner-Ghettos. Der Passträger andererseits kommt aus Kambodscha. Seinem umgehängten Dokument lässt sich das entnehmen.

Die Gitarrensession im Vorstadtzug, mit den zwei muslimischen Jugendlichen vom berüchtigten südlichen Stadtrand Roms und dem katholischen Kambodschaner: Sie steht in vielerlei Hinsicht für das, was sich zwischen 15. und 20. August in der italienischen Metropole abgespielt hat. Eine Invasion von zwei Millionen Jugendlichen, darunter eine Million von außerhalb Italiens, zu einem kirchlich-religiösen Ereignis, kann auch die nicht unberührt lassen, die bisher von der Kirche noch niemals in ihrem Leben angesprochen worden waren. Diesmal ist es ein Gitarre spielender Pilger aus Kambodscha, mit dem Zug zur Papstmesse nach Tor Vergata unterwegs, der als Bote und Zeuge fungiert.

Die Papstmesse in Tor Vergata, der Höhepunkt des Events. Glühende Hitze, ein Gewirr aus Schaumstoffmatten, Tramperrucksäcken und Schlafsäcken, manche haben die Hemden ausgezogen. Bilder wie aus Woodstock. Fahnen werden geschwungen: Da sind sie, die rot-weiß-roten. Nein, es sind doch nicht die Österreicher, sondern die Peruaner.

Grün-gelb gekleidete Brasilianer neben Chilenen. Mehr als 5.000 sind aus dem Andenstaat angereist, zwei Mal so viele wie aus Österreich. Sie sind aufgewühlt, innerlich. Jetzt kommt ihr großer Moment: Die 19-jährige blonde Macarena Soto aus Punta Arenas im antarktischen Süden Chiles bringt einen Stein aus ihrer Heimat vor den Papstaltar. Ihr Stein kommt aus der südlichsten Gemeinde der Weltkirche. Der Stein aus der westlichsten Gemeinde wird vom samoanischen Priester Anthony Mataia gebracht; der "östlichste" kommt von der Insel Kiribati, der "westlichste" aus einer Eskimogemeinde im kanadischen Hudson Bay.

Unüberseh- und vor allem -hörbar ist die ganze Welt in Rom und Tor Vergata vertreten. Den spontanen Straßenfesten in den Tagen vor der Papstmesse hatten die Jugendlichen aus Mexiko und den spanischsprachigen Teilen der USA, von den Philippinen und Kamerun mit ihrem Temperament einen charakteristischen Akzent gegeben. In Tor Vergata selbst wird unter großen Applaus besonders der Märtyrer aus den Ländern des "Südens" gedacht. Zahlreiche werden ausdrücklich genannt, etwa Charles Lwanga aus Uganda, Paul Miki aus Nagasaki, Jean de Brebeuf aus Kanada, Andreas Kim Taegon aus Korea, Andreas Dung-Lac aus Vietnam.

Einbezogen in das Gedenken ist aber auch die jüngste europäische Geschichte mit ihren Märtyrern, symbolisiert durch die Heiligen Maksymilian Kolbe und Edith Stein. Die beiden Opfer des Nationalsozialismus stehen nicht zu Unrecht am Schluss der eindrucksvoll durch Feuer-Effekte unterstrichenen Märtyrer-Prozession bei der Vigil mit dem Papst in Tor Vergata.

Immer wieder angesprochen wird die Verletzung der Menschenrechte in den verschiedenen Teilen der Welt. Aufhorchen lässt die 27-jährige Römerin Stefania Piredda. Vor Johannes Paul II. und zwei Millionen junger Menschen berichtet sie über ihr Engagement für die Abschaffung der Todesstrafe. Piredda, Mitglied der römischen Basisgemeinde Sant'Egidio, die sich seit Jahren für die Abschaffung der Todesstrafe einsetzt, liest dem Papst zwei erschütternde Briefe von Häftlingen in Todeszellen in den USA vor. Einer der Schreiber wurde hingerichtet. Und Johannes Paul II. umarmt Piredda, während von Projektoren das Wort Gerechtigkeit in acht Sprachen auf dem Altarbühnenhintergrund angestrahlt wird.

Noch bis in den Sonntagabend wird in Tor Vergata gebetet und gesungen. Das katholische "Mega-Event", die größte Messfeier in der Geschichte Roms, endet ebenso diszipliniert wie es begonnen hat. Der römische Bürgermeister Rutelli spricht von "esempio bellissimo di civismo", von einem "wunderschönen Beispiel staatsbürgerlicher Haltung". Und sogar die öffentlichen Verkehrsmittel der italienischen Hauptstadt schaffen Dank des rücksichtsvollen Ein- und Aussteigeverhaltens der jungen Leute den Abtransport der Pilger.

Kathpress